Doch bevor jetzt Spinnenhysteriker in Panik geraten und sich nicht mehr in den Wald trauen: Man kann (!) Wolfsspinnen hören, aber natürlich nicht immer und überall sondern manchmal, wenn man achtsam durch den Wald spaziert.
In der Regel handelt es sich dabei um eine der häufigsten Pardosa Arten, nämlich Pardosa lugubris (1) oder auch Trauerwolfsspinne oder Waldlaufwolf genant. Die Schnelligkeit dieser kleinen Spinnen ist beeindruckend, sie zu fangen gar nicht so einfach, verschwinden sie doch schnell wieder unter einem trockenen Laubblatt und bewegen sich in den Hohlräumen der Bodenstreu fort.
Das schnelle Laufen und die Menge an Individuen, die man beobachten kann, lassen einen tatsächlich an ein Wolfsrudel auf der Jagd denken. Doch der Vergleich hinkt. Wie bei fast allen anderen Spinnen auch, handelt es sich bei der Trauerwolfsspinne um einen Einzelgänger. Zwar führt sie ein vagabundierendes Leben, ihre Jagdmethode hat mit der hetzenden Jagd der Wölfe aber nicht viel gemein. Vielmehr wartet sie auf in ihrer Nähe erscheinende Insekten und ergreift diese.
Wolfsspinne oder Wolfspinne
Wie würde Shawn Spencer in der bekannten Serie „Psych“ sagen: „Ich habe beides schon gehört.“ Wohl wahr. Nur: Was ist richtig? Ich weiß es nicht. Wikipedia schreibt Wolfsspinne. Allein vom Sprachgefühl her halte ich das für Unsinn. Die populäre Literatur in Deutschland ist übersichtlich und dennoch variiert die Schreibweise. Bei Foelix findet man Wolfsspinne, bei Heimer beides und Bellmann schreibt Wolfspinne. Nun denn, auch wenn es mir widerstrebt: ich werde die Tierchen Wolfsspinnen nennen.
Wolfsspinnen in Deutschland
In Deutschland kommen verschiedene Wolfsspinnen Arten vor. Neben der eingangs erwähnten Pardosa lugubris ist eine ebenfalls häufige Verwandte Pardosa amentata. Während lugubris eher in trockeneren Lebensräumen und Wäldern zu finden ist, bevorzugt amentata feuchtere Lebensräume. Diese beiden Arten sind am einfachsten zu finden und werden einem am ehesten begegnen. Sie leben vagabundierend in Bodennähe. Beide Arten sind allerdings nicht so leicht von einander zu unterscheiden (2).
Andere in Deutschland vorkommende Arten unterscheiden sich deutlich in ihrer Lebensweise von den beiden Pardosa Arten. Vertreter der Gattungen Alopecosa bauen beispielsweise Erdröhren. Insbesondere die Weibchen dieser Gattung graben sich Wohnröhren aus denen sie heraus ihre Beute erjagen (3) . Dazu legen sie kleine Gänge im Boden an und halten sich tagsüber in diesem Versteck auf. In der Dämmerung gehen sie jagen, entfernen sich aber dabei nicht zu weit von ihrem sicheren Zufluchtsort.
Diese Wohnröhre wird durch eine Art Deckel nach außen abgeschnitten. Sehr schön beschreibt das Bellmann (4) für Alopecosa striatipes in dem Klassiker der Spinnenliteratur „Der Kosmos Spinnenführer“.
Recht häufig kommt wohl Alopecosa cuneata (5) vor. Sie hat den bezeichnenden Namen Dickfußpantherspinne oder auch Keilförmige Tarantel. Das Männchen hat am vorderen Beinpaar stark verdickte Tibien und ist damit sehr auffällig. Das Männchen ist anders als das Weibchen auch vagabundierend unterwegs und kann daher eher gefunden werden.
Piratenspinnen
Ebenso interessant wie ihr Name ist die Lebensweise der Pirata Arten. Spinnen dieser Gattung leben vorwiegend in feuchten Lebensräumen (6). Betrachten wir als Beispiel für die Gattung die Piratenspinne mit dem bezeichnenden wissenschaftlichen Namen Pirata piraticus. Sie kann nicht nur über Wasser laufen und dort Beutetiere erjagen, nein sie ist auch in der Lage unter ihr schwimmende Kaulquappen zu fangen. Droht Gefahr kann sie für eine Weile untertauchen. Taucht sie ab, dann führt die Behaarung ihres Hinterleibes dazu, dass „sich zwischen den Härchen Luftbläschen bilden“ (7). Dieser Luftsack ermöglicht ihr für eine Weile unter Wasser zu atmen.
Die Apulische Tarantel oder „wie von der Tarantel gestochen“
Auch die Taranteln gehören zu den Wolfsspinnen. Wer bei Taranteln allerdings an Vogelspinnen denkt, liegt falsch. Das mag daher kommen, dass im englischen Sprachraum Tarantula die Bezeichnung für Vogelspinnen ist. Taranteln haben wie so viele Spinnen einen schlechten Ruf. Auch in Deutschland gibt es Taranteln (8). Die eingangs erwähnte Alopecosa cuneata wird laut Wikipedia auch als Dickbein-Scheintarantel bezeichnet. Überhaupt: viele Arten der Gattung Alopecosa wurden früher der Gattung Tarantula zugeordnet. Im Kosmos Spinnenführer von Dick Jones (Ausgabe von 1984) wird cuneata noch als Tarantula cuneata geführt, genauso wie Tarantula accentuata (oder auch Stachelige Pantherspinne, Dunkelbraune Tarantel oder Boreomontane Scheintarantel ) oder Tarantula pulverulenta (oder Dunkle Pantherspinne bzw. Wiesen-Scheintarantel) die heute ein wenig undramatischer Alopecosa als Gattungsnamen führen.
Die eigentliche Tarantel aber ist die Apulische Tarantel Lycosa tarantula. Das nachtaktive Tier kommt in Italien vor, genauer gesagt im mittleren bis südlichen Italien. Hier gräbt sie ziemlich lange Wohnröhren in die Erde. Somit unterscheidet sie sich nicht großartig von den bereits beschriebenen Alopecosa Arten, spannender ist da eher das was man mit dem Tier in Verbindung gebracht hat. Viele glauben, die mit 25 -30 mm recht imposante Spinne sei giftig. Jeder kennt die Redensart „wie von der Tarantel gestochen“ wenn beispielsweise jemand urplötzlich aufspringt. Nur, woher kommt sie? Man hat dem Biss der Tarantel unterstellt, dass sie die Tanzwut auslöst. Die Tanzwut wiederum ist ein interessantes Phänomen, das im Mittelalter angesiedelt und immer noch nicht richtig erklärt ist (9). Menschengruppen fanden sich damals zusammen und tanzten offenbar willenlos bis sie erschöpft zusammenbrachen. Als Erklärung für dieses Verhalten musste die Apulische Tarantel herhalten. Doch die unangenehme Wirkung eines Bisses von Lycosa tarantula ist vergleichbar mit denen anderer Spinnen oder mit dem Sich einer Wespe. Man nimmt an, dass dieser Art fälschlicherweise die Bisse der im gleichen Lebensraum vorkommenden Schwarzen Witwe zugeordnet wurden. Das Gift der Schwarzen Witwen (Latrodectus spec.) beinhaltet das für den Menschen giftige α-Latrotoxin (10), das eine ganze Reihe unangenehmer Wirkungen hat, unter anderem auch spontane Muskelkontraktionen.
Balz
Wolfsspinnen haben ein faszinierendes Balzverhalten. Treffen sie während der Suchphase auf Seidenfäden eines Weibchens, beginnen sie diese mit den Palpen zu untersuchen. Sie können dabei feststellen, ob das Weibchen paarungsbereit oder bereits verpaart ist oder sogar, ob das Weibchen bereits einen Vorgänger kannibalisiert hat (11).
George W Uetz von der University of Cincinnati untersuchte das Balzverhalten der beiden nordamerikanischen Arten Schizocosa ocreata und Schizocosa rovneri. Es soll hier beispielhaft für andere Wolfsspinnenarten wiedergegeben werden.
Zunächst muss man wissen, dass S. ocreata und S. rovneri zwei sehr stark miteinander verwandte Arten sind, die sich sehr ähnlich sehen und auch die gleichen Habitate bewohnen. Sie sind sich sogar so ähnlich, dass sie sich miteinander verpaaren und Nachkommen zeugen könnten, es aber in der freien Natur so gut wie nie tun. Der Grund liegt im unterschiedlichen Paarungsverhalten (12). Das Männchen von ocreata führt mit den Vorderbeinen eine Art Stepptanz auf. Sie werden mehr oder weniger synchron auf und ab bewegt. Während das Männchen das macht, ist es ständig in Bewegung. Die klopfenden Bewegungen der Vorderbeine verstärken sich auf Dauer und auch der gesamte Körper wird ruckartig bewegt. Schließlich fängt der Hinterleib an zu vibrieren, begleitet von Palpenbewegungen und Stridulationsgeräuschen. Man glaubt es kaum, aber man kann die Geräusche die die Spinne macht deutlich hören. Wunderbar sichtbar in dem Video von Dr. Uetz auf Youtube.
Ganz anders S. rovneri. Das Männchen verbleibt an einem Ort, allerdings nicht bewegungslos. Stattdessen passiert folgendes: Das Männchen hebt den gesamten Körper an, um ihn dann ruckartig nach unten zu stoßen. Dabei klopft der Körper manchmal auf das Substrat und verursacht genau wie bei ocreata ein deutlich wahrnehmbares Geräusch. Auch hier liefert ein Video bei Youtube der amerikanischen Wissenschaftlerin Eileen Hebets (13) ein anschauliches Beispiel.
An diesem Beispiel erkennt man zweierlei. Zum einen, dass bei den Wolfsspinnen die Sinne Hören, Sehen und Schmecken eine wichtige Rolle spielen (wer sich näher dafür interessiert, der kann die entsprechenden Artikel lesen). Zum anderen ein Beispiel von Evolution, dass die Trennung von Arten durch unterschiedliche Verhaltensweisen erfolgen kann. Es ist zu erwarten, dass sich diese beiden Arten irgendwann auch physiologisch nicht mehr fortpflanzen können.
Wer sich ein bischen stärker für Spinnen interessiert kann versuchen in feuchten Wäldern die heimische Wolfsspinne Hygrolycosa rubrofasciata aufzutreiben. Für sie wird ein sehr ähnliches Verhalten beschrieben, auch sie soll trommelnde Geräusche auf trockenen Blättern vornehmen, die gut zu hören sind (14) (15).
Brutpflege
Nach der Balz kommen die Paarung und danach die Brutpflege. Wolfsspinnen sind für ein ganz besonderes Verhalten bekannt. Wie andere Spinnen auch legen sie ihre Eier in einem Kokon ab. Gerade die frei laufenden Arten wie Pardosa amentata oder lugubris kann man recht bald im Jahr mit diesen kleinen Seidengespinnsten gehalten von den Spinnwarzen am Ende des Hinterleibs durch die Gegend laufen sehen. Verliert das Weibchen den Kokon macht sie sich direkt auf die Suche danach.
Video: Wolfspinne mit Babyspinnen auf ihrem Rücken
Link führt zu YouTube.comDas Weibchen befreit zum gegebenen Zeitpunkt die noch innerhalb des Kokons aus den Eiern geschlüpften Spiderlinge. Die kleinen Spinnen krabbeln dann auf den Hinterleib der Mutter und krallen sich daran fest. Das Weibchen trägt sie weiter mit sich herum, bis sie nach und nach die Mutter verlassen.